
Mediendossier
zur Fotografieausstellung
von Roland Schmid
Inhalt
● Der Vietnamkrieg
● Agent Orange – das ewige Gift
● Die Schweiz und der Vietnamkrieg
● Das Drama der Mutter Hoang The und ihrer Kinder
● 100`000 Minenopfer
● Die katastrophalen Entscheidungen der Trump-Administration
und die Folgen für die Dioxinreinigung in Vietnam
● Green Cross Switzerland
● Vereinigung Schweiz-Vietnam
● Das Buch zur Ausstellung
● Kontakte
Fotografieausstellung von Roland Schmid
Krieg ohne Ende
Das giftige Erbe des Vietnamkrieges – 50 Jahre danach
17. April (Vernissage um 18 Uhr) bis 11. Mai 2025
Im April vor fünfzig Jahren endete der Zweite Vietnamkrieg. Je nach Standpunkt wurde der «freie Westen» gegen den «Kommunismus» verteidigt oder ein Befreiungskrieg gegen ausländische Mächte geführt. Mit Millionen von toten Menschen.
Seit 1999 dokumentieren der Fotograf Roland Schmid und der Journalist Peter Jaeggi die Folgen des damaligen massiven Einsatzes von Agent Orange und anderen hochgiftigen Herbiziden, ausgebracht von den USA und ihren Verbündeten. Ziel: dem Gegner die Deckung nehmen und Nahrungsgrundlagen vernichten.
Manche Pflanzenvernichtungsmittel enthielten das giftigste aller Dioxine. Sie schädigen das Erbgut. Heute werden im südostasiatischen Land laut vietnamesischen Quellen bereits Kinder in der vierten Generation mit dioxinbedingten Geburtsgebrechen geboren. Hunderttausende von Menschen leiden noch immer an den Spätfolgen. Ein Ende ist nicht abzusehen.
Die Ausstellung erzählt in fast 200 Bildern Einzelschicksale von Agent-Orange-Opfern und zeigt den Umgang mit Spätfolgen. Zudem berichten die Bilder von den Millionen Landminen und anderen Blindgängern, die aus der Zeit des Krieges noch im Boden schlummern. Sie fordern auch heute noch, 50 Jahre danach, tote und verstümmelte Kinder, Männer und Frauen.

Eine Ausstellung in Zusammenarbeit mit Green Cross Switzerland
und

Öffnungszeiten
Mittwoch & Sonntag: 12.00 Uhr bis 18.00 Uhr
Donnerstag bis Samstag: 12.00 bis 21.00 Uhr
Der Vietnamkrieg
Der Krieg, der in Vietnam «Widerstandskampf gegen Amerika» heisst, wurde von etwa 1955 bis zum 30. April 1975 geführt. Dabei standen sich Nordvietnam und die als «Vietcong» bezeichnete Nationale Front für die Befreiung Südvietnams (NLF) auf der einen Seite und die USA und Südvietnam auf der anderen Seite gegenüber. Im Februar 1965 liess Präsident Johnson das Land erstmals bombardieren. Angeblich weil Nordvietnam ein US-Kriegsschiff angriff. Dies stellte sich jedoch später als Lüge heraus. Der Krieg endete 1975 mit dem Sieg Nordvietnams und der ersten militärischen Niederlage der US-Geschichte. Rechnet man den französischen Kolonialkrieg und den Bürgerkrieg zwischen dem von den USA unterstützten Südvietnam und dem von der Sowjetunion und China unterstützten kommunistischen Nordvietnam dazu, gehören die Kämpfe mit rund drei Jahrzehnten zu den längsten kriegerischen Auseinandersetzungen des 20. Jahrhunderts. Je nach Standpunkt wurde der «freie Westen» gegen den «Kommunismus» verteidigt oder ein «Befreiungskrieg gegen ausländische Mächte» geführt. Der Stellvertreterkrieg zwischen West und Ost wurde rücksichtslos auf dem Rücken der Zivilbevölkerung ausgetragen und führte zu Millionen Toten.
Das Land, das nicht einmal so gross ist wie Deutschland, war am Ende mit rund sechsundzwanzig Millionen Bombenkratern übersät. Die Art und Weise wie die USA Vietnam bombardierten und bekämpften, macht häufig den Eindruck eines blindwütigen Zuschlagens. Das geht auch aus einer Bemerkung hervor, die John P. McConnell, Generalstabschef der US Air Force, gegenüber Medien machte: «Im März 1966 unternahmen amerikanische Flugzeuge 30’000 Flüge in Südvietnam. Es ist besser, aufs Geratewohl zu bombardieren, als sich ein Ziel entgehen zu lassen.»
Agent Orange – das ewige Gift
Zwischen 1961 und 1971 haben die US-Streitkräfte und ihre Verbündeten mindestens achtzig Millionen Liter giftige Herbizide versprüht, vor allem Agent Orange. Über Südvietnam, grenzüberschreitend in Laos und teilweise in Kambodscha. Aus Flugzeugen aber auch aus Booten und aus Behältern, die auf dem Rücken getragen wurden. Einige Gebiete sind bis zu zehnmal besprüht worden. Das Gift entlaubte Bäume und raubte dem Gegner die Tarnung in den Wäldern. Zudem vernichtete es Reis- und andere Nahrungspflanzen.
Beim Produzieren dieser Entlaubungsmittel pfuschten die Hersteller. Unter ihnen Monsanto – heute Bayer AG – und Dow Chemical sowie rund dreissig andere. Zu hohe Temperaturen bei der Produktion erzeugten den chlorhaltigen Giftstoff 2,3,7,8-Tetrachlordibenzodioxin – TCDD. Ein Dioxin, das später auch als Sevesogift berüchtigt wurde und als eine der giftigsten Chemikalien gilt.
Dioxine werden mit vielen Krankheiten in Verbindung gebracht. Der amerikanische Staat anerkennt heute Dutzende physische und psychische Schäden als Folge von Agent Orange an. Das in Agent Orange enthaltene Dioxin kann das Erbgut über Generationen schädigen. Laut der vietnamesischen Opferbereinigung VAVA werden heute in Familien, deren Vorfahren einst Agent Orange abbekommen haben, Kinder bereits in der vierten Generation mit Geburtsschäden geboren.
Dass Dioxine gefährlich sind, wusste man bereits vor dem ersten Agent-Orange-Einsatz. Das Verschweigen und Ignorieren wissenschaftlicher Literatur ist eine schwerwiegende Ungeheuerlichkeit. Wie viele Hunderttausend Menschen wären vor unendlichem Leid bewahrt worden, hätten Manager von Chemiefirmen, Behörden und die Armee verantwortungsvoll gehandelt.
Die US-Propaganda war so wirksam, dass sie den amerikanischen Truppen vorgaukelte, das Mittel sei sicher. Das Militär verteilte sogar eine Propagandabroschüre, in der behauptet wurde, dass Agent Orange völlig harmlos sei, man könne es auch trinken.
1967 unterzeichneten rund fünftausend Wissenschaftler, darunter siebzehn Nobelpreisträger und 129 Mitglieder der National Academy of Science, eine Petition an Präsident Johnson. Sie forderten den unverzüglichen Stopp der Herbizideinsätze. Trotz allen Warnungen hörte das Giftsprayen erst am 7. Januar 1971 auf.
Amerikanische Soldaten und Soldatinnen, die an einer der vielen anerkannten Krankheiten leiden, erhalten staatliche Unterstützung. Die Veteranen müssen lediglich nachweisen, dass sie in Gebieten waren, wo Agent-Orange eingesetzt worden ist. Bei vietnamesischen Betroffenen hingegen bestreiten die USA einen Zusammenhang zwischen Agent Orange und Krankheiten und verlangt Beweise, die nicht zu erbringen sind. Laut vietnamesischem Roten Kreuz leben in Vietnam heute noch immer rund eine Million Menschen, die an Agent-Orange-Folgen leiden. Die Trump-Administration hat unter dem Slogan «America first» inzwischen fast alle Hilfeleistungen für Vietnam gestrichen.
VAVA, die Vietnamesische Vereinigung für Agent-Orange und -Dioxinopfer, schätzt, dass während des Krieges rund 4,8 Millionen Menschen mit dem hochgiftigen Herbizid in Kontakt kamen. Es existieren keine genauen Zahlen. Die VAVA sagt, heute würden bereits Agent-Orange-Geschädigte der vierten Generation geboren. 54 Jahre nach dem letzten Agen-Orange-Einsatz.
Die Schweiz und der Vietnamkrieg
Die Schweiz verhielt sich während des Vietnamkrieges offiziell neutral und legte Schwerpunkte auf humanitäre Hilfe. 2009 berichtete jedoch der Historiker David Gaffino, über die Lieferung von Pilatus-Porter-Flugzeugen an die USA. Wie beliebt diese Kleinflugzeuge im amerikanischen Krieg in Vietnam waren, beschrieb der ehemalige Vizeadmiral Gerald E. Miller. «Er kann viele verschiedene Waffen tragen, wie Maschinengewehre, Napalm, Streubomben (…)» 1968 waren in Laos zwei Monate lang Pilatus Porter zum Besprühen von Herbiziden eingesetzt.
Viele Schweizer Firmen lieferten damals Kriegsmaterial in die Vereinigten Staaten, üblicherweise unter der Bedingung, dass die Waffen nicht in Kriegsgebieten benutzt würden. Im August 1965 wurde der Crypto in Zug die Ausfuhr von Verschlüsselungsgeräten untersagt, Ersatzteile hingegen durfte sie liefern. Auch andere Schweizer Firmen versuchten, direkt militärisch verwendbare Produkte nach Vietnam zu exportieren, dies übrigens bereits während der französischen Kolonialzeit.
Die Schweizer Historikerin Regula Bochsler erzählt in ihrem 2022 erschienenen Buch Nylon und Napalm, wie die Holzverzuckerungs AG (HOVAG), die spätere Ems-Chemie der Familie Blocher, ein Schweizer Napalm unter dem Namen «Opalm» herstellte. Weil Christoph Blocher und seine Tochter Magdalena Matullo der Historikerin die Einsicht in die Akten mit dem Hinweis verwehrten, da sei schon genug geforscht worden, konnte bis heute nie geklärt werden, ob «Opalm» in Vietnam eingesetzt wurde oder nicht.
Andere Schweizer Lieferungen nach Vietnam hingegen sind gut belegt. Die Schweizer Uhrenindustrie verkaufte Einzelteile, die der US-amerikanischen Armee als Zünder für Raketen und Bomben dienten. Möglich wurde es, weil diese als Uhren- und nicht als Waffenbestandteile eingestuft waren. 1968 erzielte die Uhrenindustrie mit diesen Exporten einen Umsatz von siebenundzwanzig Millionen Franken – ein für damalige Zeiten riesiger Betrag. Involviert waren vermutlich die meisten Uhrenfabriken in der Schweiz.
Einige Fakten zur offiziellen humanitären Schweiz von damals: Bis 1983 nahm sie etwa achttausend Flüchtlinge hauptsächlich aus Vietnam und Kambodscha auf. Sie lieferte Mikroskope an die Universität Saigon (heute Ho-Chi-Minh-Stadt) und sandte im April 1966 ein elfköpfiges medizinisches Team nach Vietnam. Ein weiteres traf Ende 1967 in Da Nang ein. Zudem half die Schweiz finanziell mit, die Kinderabteilung im Krankenhaus von Da Nang aufzubauen, und spendete darüber hinaus 200’000 US-Dollar für die medizinische Notfallversorgung.
Und es gab eine unüberhörbare Antikriegsbewegung: terre des hommes, Centrale Sanitaire Suisse, die Schweizerische Friedensbewegung und viele andere wurden mit zahlreichen Aufrufen, Demonstrationen, Meetings, Geld- und Materialsammlungen aktiv. Vor allem linke Kreise ergreifen Partei für das vom «US-Imperialismus» bedrängte Nordvietnam.
Am 1. September 1971 beschliesst der Bundesrat, der übrigens während des Krieges die gewaltigen US-Bombardierungen nie verurteilt hatte, die diplomatische Anerkennung des kommunistischen Nordvietnam, das noch immer mitten im Krieg mit den USA steht. Das ebenfalls neutrale Schweden hatte mit Hanoi bereits 1969 Beziehungen aufgenommen. Die Schweiz und Schweden gehören zu den ersten Ländern, die das neue Regime anerkennen.
Opferporträt
Das Drama der Mutter Hoang The und ihrer Kinder
Mutter Hoang The treffen wir erstmals in einem sumpfigen Aussenquartier von Da Nang, zusammen mit ihren beiden erwachsenen Kindern. Beide sind schwer körperlich und geistig behindert, beide sind Dioxinopfer. Tochter Tran Thi Nga (33) kann sich mit einer Art klapprigem Rollator mühsamst noch etwas fortbewegen. Seit ihrer Geburt wird sie von einem Stützkorsett aufrecht gehalten. Bis sie neun war, konnte sie noch ein paar Schritte gehen. Ihre Mutter ist seit Jahrzehnten am Limit. Manchmal stürze ihre Tochter. Tran Thi Nga ist übergewichtig. «Alleine schaffe ich es nicht, sie hochzuheben, und muss Nachbarn holen.» Sohn Tran Duc Nghia (35), gekrümmt, völlig regungslos und gelähmt liegt er da. Seit fast zwei Jahrzehnten hat er das Bett nicht mehr verlassen können. Verloren hat Nghia auch sein Gehör und seine Sprache. Manchmal setzt sich seine Tante Thi Chanh ans Bett und hält Wache.
Das Haus mit seinem Wellblechdach ist heruntergekommen, die Räume sind dunkel und feucht. An den Betonwänden zeigen schmutzige Streifen den Wasserstand der letzten Überschwemmungen. Nicht weniger als sieben Mal mussten die Bewohner schon vorübergehend ausziehen, um nicht im eigenen Bett zu ertrinken.
Vater Tran Ran war im im Krieg war im Krieg Meldeläufer des Widerstandes und geriet oft mit dem hochgiftigen dioxinhaltigen Entlaubungsmittel Agent Orange in Berührung. Nach vierjähriger Kriegsgefangenschaft starb er 2002 an den Folgen.
Am Anfang sah alles vielversprechend aus. «Ich konnte mir sogar goldene Ohrringe kaufen», erzählt Mutter Hoang The. Doch dann wurden die Kinder krank. Für deren Behandlung gaben sie ihr ganzes Vermögen aus, den Schmuck, das Haus, das Land. Geblieben ist ein Leben in grosser Armut. Es reichte nicht einmal für eine ausgewogene Ernährung und für Medikamente. Und geblieben sind Kinder, die nie gesund geworden sind.
Im Mai 2022, sieben Jahre nach unserem ersten Besuch: Noch einmal treffen wir Mutter Thi Hoang in Da Nang. Sie ist in der Zwischenzeit 84 Jahre alt. Vieles hat sich verändert. Die zwei einschneidendsten Ereignisse: Ihr schwerstbehinderter Sohn Tran Duc Nghia ist 2016 mit 42 Jahren gestorben. Und das alte, düstere, muffige Haus von damals ist abgerissen. Ihr Sohn aus zweiter Ehe baute für sich und seine Mutter und ihre behinderte Tochter Tran Thi Nga ein neues Zuhause.
100`000 Minenopfer
Zu den gefährlichen Spätfolgen des US-Vietnamkrieges gehören neben Agent Orange auch heute noch Hunderttausende von Blindgängern. Am schlimmsten ist es in der zentralvietnamesischen Provinz Quang Tri, wo einst die provisorische Grenze zwischen dem «kommunistischen» Norden und dem von den USA unterstützten «kapitalistischen» Süden lag. Nach dem Krieg habe das Land dort eine Mondlandschaft geglichen, sagte uns ein US-Kriegsveteran. Die meisten Menschen in Quang Tri leben von der Landwirtschaft. Wegen Blindgängern können die Bauern nicht ihr ganzes Land bebauen. Die meisten haben deswegen nicht genug zum Leben. Nach dem Krieg waren achtzig Prozent der Provinz mit nicht explodierter Munition verseucht, eine Provinz, die flächenmässig etwa einem Zehntel der Schweiz entspricht.
Das «Project Renew» entschärft und vernichtet in Quang Tri Landminen und andere Blindgänger, unterstützt Opfer und lehrt Kinder, Blindgänger zu erkennen und was sie dann tun müssen. Kriegsunterricht für Menschen, die nie etwas mit dem Krieg zu tun hatten. Genaue Zahlen über Minenopfer in Vietnam und anderen Ländern, die in den Vietnamkrieg involviert waren, gibt es nicht. In Vietnam wird geschätzt, dass seit Ende des Krieges (1975) über 100`000 Menschen durch Landminen und andere Blindgänger verletzt oder getötet wurden. Jährlich gibt es noch immer Hunderte von neuen Opfern.
Laos ist im Verhältnis zu seiner Fläche das am stärksten mit Blindgängern verseuchte Land. Schätzungen zufolge gibt es seit dem Ende des Krieges etwa 20`000 bis 30`000 Opfer. Auch in Laos gibt es jährlich zahlreiche neue Opfer. Ähnlich wie in Vietnam und Laos hat Kambodscha mit Landminen zu kämpfen. Es wird geschätzt, dass in Kambodscha seit den 1970er Jahren etwa 60’000 bis 70`000 Menschen durch Minenopfer verletzt oder getötet worden sind. Die meisten sind Zivilpersonen.
Die humanitären Bemühungen zur Beseitigung von Landminen und die Aufklärungen darüber sind nach wie vor dringend erforderlich, um die Bevölkerung zu schützen. Weltweit sind 2024 sind laut Jahresbericht des «Landmine and Cluster Monitor» (LCM) mindestens 5`757 Menschen in 53 Staaten durch Landminen und andere explosive Rückstände getötet oder verletzt worden. Fast ein Viertel mehr als im Vorjahr. 84 Prozent der registrierten Opfer waren Zivilpersonen, davon 1`498 Kinder.
Von Mitte 2023 bis Oktober 2024 wurden laut LCM vom Iran, von Myanmar, Nordkorea und Russland Antipersonenminen eingesetzt. Russland setzt seit seiner Invasion in der Ukraine mindestens dreizehn Typen von Antipersonenminen ein. Die Ukraine selber vermint gegnerische Wege mit Schützenminen.
Die katastrophalen Entscheidungen der Trump-Administration
und die Folgen für die Dioxinreinigung in Vietnam
Trump und seine Berater, darunter der Milliardär Elon Musk, begannen unmittelbar nach Amtsantritt mit der Eliminierung von USAID, der internationalen Entwicklungshilfe-Agentur. Sie entliessen mehrere tausend USAID-Mitarbeitende, verhängten Arbeitsverbote, froren Gelder ein und kündigten die meisten Verträge mit Hilfsorganisationen. Die Auswirkungen sind laut Asia News katastrophal. Tausende von humanitären Projekte sind abrupt beendet worden, die zur Aufrechterhaltung ihrer oft lebensrettenden Arbeit auf US-Finanzmittel angewiesen sind.
In Vietnam traf es auch die Blindgängerräumung in Quang Tri und die Dioxinbeseitigung auf dem Luftwaffenstützpunkt Bien Hoa. Laut ProPublica, einem unabhängigen US- Newsdesk, hat der Kahlschlag erhebliche Auswirkungen auf die Sicherheit und Lebensgrundlagen der Menschen und auf die Umwelt. Bien Hoa, auf dem so viel verseuchte Erde liegt, dass man damit etwa 40`000 Lastwagen füllen könnte, ist Vietnams grösster noch verbliebener Agent-Orange-Hotspot.
Die Reinigungsarbeiten sind gefährlich und mühsam. Arbeiter tragen eine Schutzausrüstung, die an Weltraumastronauten erinnert, und sie müssen ihr Blut regelmässig auf Dioxin testen lassen. Der Hauruck-Stop der Arbeiten hinterliess offene Gruben, die sehr stark mit Dioxin verseucht sind. Eine bis zu 800-fache Dioxin-Grenzwertüberschreitung ist hier gemessen worden. Der Wind hat in den ersten Tagen kontaminierten Staub in einen nur 500 Meter entfernten Fluss transportiert, der nach Ho-Chi-Minh-Stadt fliesst (ehemals Saigon) und auf die Grundstücke angrenzender Wohnhäuser. «Ein Projekt wie dieses mitten in der Arbeit abzubrechen, ist ein Umweltverbrechen», sagt Jan Haemers, Geschäftsführer einer Organisation, die einst in Vietnam Agent Orange beseitigte. «Wenn man mittendrin aufhört, ist das schlimmer, als wenn man gar nicht erst anfängt.»
Laut der US-Botschaft in Hanoi ist USAID derzeit in Vietnam mit einem Jahresbudget von rund 150 Millionen US-Dollar tätig. Für die Dioxinbeseitigung in Bien Hoa sind über 430`000 Millionen Dollar budgetiert. Die unterstützten Projekte betreffen neben der Minenräumung und der Dioxin-Dekontaminierung auch die Bildung, das Gesundheitswesen sowie Programme zum Klimawandel und zur digitalen Wirtschaft. ProPublica schreibt, im Gegensatz zu anderen ausländischen Hilfsprogrammen handelt es sich bei der Dioxinvernichtung «eher um eine Wiedergutmachung als um Wohltätigkeit, da es ja die USA waren, die diese tödliche Substanz dorthin brachten.»
Ein Richter hält die Zerschlagung der Entwicklungshilfeagentur USAID durch die Trump-Regierung für verfassungswidrig. Nur der Kongress habe die Befugnis, die Behörde zu schliessen. – Inzwischen hat die Trump-Administration einige ihrer Vietnam-Entscheidungen rückgängig gemacht. So soll das Projekt in Bien Hoa vorläufig überleben. Details waren bis Redaktionsschluss nicht bekannt und viel Schaden ist bereits angerichtet worden. Paul Sutton, ein prominenter amerikanischer Vietnamkriegsveteran und AgentOrange-Opfer schreibt uns zu dieser ganzen Geschichte: «Die Trump-Administration fügt der Welt grossen Schaden zu und schwächt das Wohlwollen, das Amerika im Laufe der Jahrzehnte aufgebaut hat, rapide. Sehr traurig!»
Texte: Peter Jaeggi
Green Cross Switzerland
Seit 1998 engagiert sich Green Cross Switzerland (GCCH) mit dem SOCMED-Programm (Social and Medical Care and Education) in Vietnam. Im Fokus steht die Unterstützung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit schweren geistigen und körperlichen Behinderungen, die auf den Vietnamkrieg und insbesondere den Einsatz von Agent Orange zurückzuführen sind.
Für ein selbstständig(er)es Leben ist medizinische, psychologische und soziale Unterstützung notwendig. Leider ist es aber bis heute immer noch nicht gelungen, alle unschuldigen Opfer angemessen zu unterstützen. Zur Verbesserung dieser Situation möchte GCCH einen möglichst grossen Beitrag leisten.
Ein Kernelement der Vietnam-Projektarbeit sind Orthopädieprogramme, da Prothesen und Orthesen, aber auch gewisse chirurgische Eingriffe und Rehabilitationsmassnahmen, nicht von der Krankenversicherung abgedeckt werden. Diese Hilfe bedeutet für die Betroffenen mehr Selbstständigkeit. Sie ermöglicht ihnen die aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben – etwa den Schulbesuch oder eine Berufsausbildung.
Da gerade Kinder und Jugendliche aufgrund ihres stetigen Wachstums regelmässige Anpassungen der Prothesen und Orthesen benötigen, begleitet GCCH die Betroffenen oftmals über Jahre hinweg. Zusätzlich werden die Angehörigen im Umgang mit den Hilfsmitteln sowie in der Pflege und Förderung der Betroffenen geschult.
Ein weiterer Schwerpunkt von GCCH ist die Unterstützung von Tagesstätten für Agent Orange-Betroffene. Kinder, die nicht die reguläre Schule besuchen können, erhalten professionelle Pflege und Betreuung. So wird es Angehörigen ermöglicht, einer bezahlten Arbeit nachzugehen und die Familie aus der Armutsfalle zu befreien.
Seit 2024 engagiert sich GCCH zudem verstärkt für soziale und psychologische Unterstützung – die Förderung barrierefreier Wohnräume, die Ausbildung von Peer-Berater:innen sowie gezielte Massnahmen zur psychologischen Betreuung.
Zentraler Bestandteil dieser Nachhaltigkeit ist auch die Aus- und Weiterbildung: spezialisierte Fachkräfte wie Orthopädietechniker:innen oder Gesundheitshelfer:innen aus der Bevölkerung werden geschult, um die medizinische Versorgung langfristig zu verbessern.
Als Projektpartner:innen von GCCH leisten zudem Schweizer Expert:innen wertvolle ehrenamtliche Arbeit vor Ort, führen Operationen durch und vermitteln essenziell wichtiges Fachwissen.
https://greencross.ch/de/unsere-arbeit/laufende-projekte/vietnam/
https://www.instagram.com/greencross_switzerland/
https://www.linkedin.com/company/gcch/
Text: Green Cross Switzeland
Vereinigung Schweiz Vietnam
1982 als Zusammenschluss jener gegründet, denen die Solidarität mit Vietnam über die Anti-Kriegs-Bewegung der 1960er Jahre hinaus ein Anliegen war und ist, steht die VSV einerseits für Austausch, Information, Verstehen. Dabei ist es wichtig, den Blickwechsel bewusst vorzunehmen, der vietnamesischen Sichtweise Raum zu geben und zu versuchen, diese in ihrem Kontext und in ihrer Vielfalt zu erfassen.
Andererseits wollen wir Wissen in solidarisches Handeln umsetzen.
In der von der Bildungsdirektion des Kantons Zürich anerkannten Schule BINH MINH werden Kinder verschiedenen Alters in vietnamesischer Sprache und Kultur unterrichtet.
Die jährlichen SoliFeste, seit einiger Zeit gemeinsam mit der vietnamesischen Gemeinschaft organisiert, sind geprägt durch kulturelle Beiträge und die Auftritte der Kinder. Sie schaffen so eine schöne Atmosphäre ungezwungenen Beisammenseins. Zudem dienen die SoliFeste der Mittelbeschaffung zur Unterstützung humanitärer Projekte, wie der Hilfe für Opfer von Agent Orange und dem Mikrokredit-Programm für alte Menschen.
Die Arbeit der VSV wird ehrenamtlich geleistet und sie ist als gemeinnützige Organisation anerkannt.
Die Website informiert über Aktivitäten, Projekte und Publikationen. Immer wieder ist sie auch Adressatin für Interessierte. (Text: VSV).
Die Autoren
Roland Schmid
Freischaffender Fotojournalist in Basel. Zunächst Slawistikstudium. Nach der politischen Wende 1989 bereiste er intensiv viele Staaten des ehemaligen Ostblocks, die er fotografisch dokumentierte. Roland Schmid brach das Studium ab und absolvierte eine fotografische Ausbildung bei Hugo Jaeggi. Seither arbeitet er als freischaffender Fotograf für nationale und internationale Zeitungen, Magazine, Unternehmen und Organisationen. Ab 1999 Zusammenarbeit mit Peter Jaeggi. Von 2007 bis 2008 war Roland Schmid Artist in Residence bei der Association Gwin Zegal in der Bretagne. Er wird von der Agentur 13Photo in Zürich vertreten. Eigene Projekte im Zusammenhang mit sozialen Themen und den Folgen von Kriegen. Mehrere Auszeichnungen, darunter 2021 einen World Press Photo Award. 1999 und 2023 gewann er Swiss Press Photo Awards für seine Arbeit über die Spätfolgen des Vietnamkriegs. mummonkan@me.com / Webseite
Peter Jaeggi
steht am Anfang der Agent-Orange-Arbeit, zu der er 1999 den Fotografen Roland Schmid einlud, den fotografischen Teil zu bestreiten. Nach mehreren Vietnam-Recherchenreisen zusammen mit ihm sind im Lenos-Verlag inzwischen drei Bücher zum Thema erschienen sowie zahlreiche Ausstellungen realisiert worden. Peter Jaeggi ist freischaffender Schweizer Journalist, Fotograf, Buch- und Filmautor. Seine Schwerpunkte sind naturwissenschaftliche und soziale Themen sowie Reportagen über Spätfolgen von Katastrophen. Für seine Radio-Dokumentarsendungen über Agent Orange erhielt er den renommierten Zürcher Radiopreis. Seine Arbeiten erschienen bisher in den Radios SRF2 Kultur, SWR2, WDR und ORF in zahlreichen nationalen und internationalen Printmedien.
Das Buch zur Ausstellung

Krieg ohne Ende – Chemiewaffen im Vietnamkrieg
Agent Orange und andere Kriegsverbrechen
Mit Fotos von Roland Schmid und Horst Faas
408 S., über 100 Fotografien
Die meisten Bilder der Ausstellung sowie die Texte dazu stammen vorwiegend aus diesem 408 Seiten starken Buch, das im Januar 2024 im Lenos-Verlag erschien. Das Werk liefert ausführliche Hintergründe zu allen Aspekten von Agent Orange und des Vietnamkrieges und porträtiert Opfer. Neben den Fotografien von Roland Schmid gibt es einen bildlichen historischen Teil des deutschen Kriegsreporters und Pulitzer-Preisträgers Horst Faas.
Das Buch ist an der Ausstellung zu einem herabgesetzten Preis erhältlich. Offizieller Buchhandelspreis: Fr. 32.-
Kontakte
Roland Schmid
Fotojournalist / Fotograf BR
Utengasse 56
CH-4058 Basel
Tel./WA +41 79 507 12 19
mummonkan@icloud.com
Peter Jaeggi
Journalist BR
Gsteig 12
CH-4523 Niederwil SO
Tel./WA ++41 79 330 38 03
peterjaeggi@bluemail.ch
www.agentorange-vietnam.org
www.peterjaeggi.ch
Photobastei
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+41 44 240 22 00
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Green Cross Switzerland
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CH-8008 Zürich
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Vereinigung Schweiz-Vietnam
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8055 Zürich
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